Das Phänomen People Pleaser: Was steckt wirklich dahinter?
Immer für andere da sein, nie nein sagen, eigene Bedürfnisse hintenanstellen – kommen dir solche Verhaltensweisen bekannt vor?
In einer Welt, die manchmal ziemlich selbstzentriert wirkt, fühlt es sich gut an, der Fels in der Brandung für die Menschen um uns herum zu sein.
Doch hinter dieser Fassade des ständigen Gefallens und Helfens verbirgt sich oft ein tieferliegendes Phänomen: das des People Pleasers.
Warum tanzen wir ständig nach der Pfeife anderer, selbst wenn es uns dabei nicht gut geht?
Die Antwort auf diese Frage (und ein paar weiterer) kann uns helfen, uns selbst besser zu verstehen und einen Weg zu finden, aus dem Kreislauf des People Pleasings auszubrechen.
Aber erst mal eins nach dem anderen, lass uns ganz vorne starten.
Was ist ein People Pleaser?
Übersetzen wir es doch mal direkt: People = Leute und to please = zufriedenstellen.
Hinter diesem aktuellen Buzzword People Pleaser verbergen sich Menschen, die es ständig versuchen allen anderen um sich herum recht zu machen.
People Pleaser setzen stets die Bedürfnisse anderer vor ihre eigenen, oft aus Angst vor Ablehnung oder um Konflikte zu vermeiden.
Sie streben nach Anerkennung, Wertschätzung und Harmonie.
Dieses ständige Bemühen, es allen anderen recht zu machen, führt oft dazu, dass sie ihre eigenen Wünsche und Träume hinten anstellen bzw. ganz aus den Augen verlieren.
People Pleaser haben Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen, was sie in Situationen bringt, in der sie eigentlich gar nicht sein wollen.
Es ist ein Teufelskreis aus Zustimmung und der Vernachlässigung eigener Bedürfnisse, der schwer zu durchbrechen ist.
Aber warum ist das so? Woher kommt das?
People Pleaser: Warum sie es allen recht machen wollen
Um jeden Preis gefallen – Was steckt wirklich dahinter?
People Pleaser möchten gefallen, angenommen werden, dazugehören, akzeptiert werden.
Sie geben alles, nur um ein bisschen Liebe, Respekt, Aufmerksamkeit und Anerkennung zu ernten.
Nicht umsonst hat in den letzten Jahren das Thema „Innere Kind Arbeit“ extremen Fahrtwind aufgenommen.
Wie sagt die Psychologin Stefanie Stahl so schön, die Ursache für fast all unsere Probleme liegen in der Kindheit.
Wir sehnen uns nach nichts mehr, als nach Liebe und Anerkennung.
Das Gefühl der Zugehörigkeit war damals in der Zeit der Steinkeule überlebenswichtig.
Wurden wir von einer Gruppe ausgeschlossen, so hat das für uns den sicheren Tod bedeutet.
Daher tragen wir auch heute noch das tiefe Bedürfnis, dazuzugehören, in uns.
Gerade Menschen mit einem tief ausgeprägten People Pleaser Verhalten haben in der Kindheit erfahren müssen, dass sie eben nicht bedingungslos angenommen werden und dazugehören, sondern nur, wenn sie nach bestimmten Regeln und Bedingungen leben.
So eben auch eine Bedingung es seinen Mitmenschen recht zu machen. Wo die eigenen Bedürfnisse dabei bleiben, ist nicht so wichtig.
Das hat auf Dauer natürlich katastrophale Konsequenzen.
Womit People Pleaser rechnen müssen – verhängnisvolle Auswirkungen
Einerseits führt das ständige Bemühen, es allen recht zu machen, zu chronischem Stress.
Dieser Dauerstress kann sich negativ auf das Immunsystem auswirken, was anfälliger für Krankheiten macht.
Andererseits kann die ständige Sorge, anderen nicht zu genügen oder Ablehnung zu erfahren, zu Angstzuständen und in ganz schlimmen Fällen zu Depressionen führen.
Auch das Selbstwertgefühl leidet enorm unter diesem Verhaltensmuster.
Gut, dazu muss man nun sagen, gerade ein ausgeprägtes People Pleaser Verhalten kommt sowieso schon mit einem sehr geringen Selbstwertgefühl daher.
Das wird aber natürlich auch nicht besser, denn sie machen ihren Selbstwert an der Reaktion der anderen fest.
Sind die anderen happy, dann sind es die People Pleaser auch – gut gemacht.
Wenn die Bemühungen, es anderen recht zu machen, aber nicht so erfolgreich waren, geben sie sich natürlich sofort die Schuld dafür – das hätte ich besser machen können.
Vor allen Dingen beruflich sind natürlich gerade die People Pleaser stark von dem Thema Burnout betroffen, da sie natürlich dazu neigen sich viel zu viel zuzumuten, nur um es anderen recht zu machen, ihnen zu helfen und jeden zufriedenzustellen.
Auf zwischenmenschlicher Ebene kann People Pleasing zu ungesunden Beziehungen führen.
Indem sie sich ständig anpassen und ihre eigenen Wünsche zurückstellen, entsteht ein Ungleichgewicht in ihren Beziehungen.
Viele People Pleaser haben auch Angst davor ihre Bedürfnisse zu äußern, aus Sorge darüber, dass die anderen sie dann nicht mehr mögen und sich von ihnen distanzieren.
Auf so einer Basis kann natürlich keine gesunde Beziehung entstehen.
Wie du dir vorstellen kannst, kann so ein Verhalten langfristig einfach nur zu einer tiefen Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben führen.
Denn wenn wir immer versuchen, es anderen recht zu machen, leben wir nicht wirklich unser eigenes Leben.
Du verfolgst aktuell nicht deine eigenen Ziele und Träume, sondern richtest dich nach den Erwartungen anderer.
Gehörst du vielleicht zu den People Pleasern?
Was sind die typischen Anzeichen eines People Pleaser Verhaltens?
So, was gehört denn aber jetzt eigentlich zu einem gesunden Verständnis an Hilfsbereitschaft und ab wann tappen wir in die Pleople Pleaser Falle?
Wenn wir mal ganz ehrlich sind und genau hinschauen – bzw. hören, dann wissen wir es doch eigentlich, oder?
Unsere innere Stimme dreht und windet sich nicht umsonst mit einem lauten Nein, obwohl wir gerade Ja gesagt haben.
Vielleicht kommen dir die folgenden Verhaltensweisen bekannt vor:
- Du sagst viel zu oft Ja, obwohl du nein meinst
- Du änderst des Öfteren deine Meinung und passt diese den anderen an, damit kein Konflikt entsteht oder du die Gefühle der anderen nicht verletzt
- Du entschuldigst dich übermäßig oder hast das Bedürfnis, falls du mal ein Nein über die Lippen bekommst dich jedes Mal erklären zu müssen
Und wenn du dich jetzt selbst dabei ertappt hast, dass du das ein oder andere hier aufgelistete Verhalten auch mal des Öfteren an den Tag legst, dann lies weiter, um zu verstehen, warum gerade wir Frauen das People Pleasing quasi im Blut haben.
Sind Frauen anfälliger für People Pleasing?
Vielleicht nicht gleich in die Wiege gelegt, aber wir bekommen es von Grund auf anerzogen.
Wir Frauen sind für das Wohlergehen der anderen verantwortlich, seit je her.
Klar, war ja schon damals in der Höhlenzeit so.
Die Männer sind losgezogen und die Frauen sind hübsch artig Zuhause geblieben, haben sich um die Kinder gekümmert, den Haushalte, die älteren, die nicht mehr raus konnten etc..
Und ich muss dir ganz ehrlich gestehen, so viel hat sich seit der Steinkeulenzeit nicht verändert.
Spätestens seitdem unser kleiner Sohn (3 Jahre) auf der Welt ist, darf ich immer wieder miterleben, wie in vielen Familien doch noch die klassische Rollenverteilung einhergeht.
Steinzeit im 21. Jahrhundert
Der Mann geht auf die Jagd (Arbeit) und bringt die Beute (Geld) nach Hause und die Frau kümmert sich um die restlichen 6.000 Dinge, die den lieben langen Tag so anfallen, neben Kinderbetreuung, Haushalt, Besorgungen tätigen, sich um Familienangehörige kümmern etc..
Und sind wir mal ganz ehrlich, bei uns in der Gesellschaft ist es ja normal geworden, dass die Kleinen ab einem Jahr in die Kita gehen und die Frau wieder ihre Arbeit aufnimmt.
Oft „nur“ Halbtags – dafür bleiben ihr aber selbstverständlich alle zusätzlichen Arbeiten erhalten.
Die Frau ist seit der Steinzeit der Part der Familie, der sich kümmert.
Der die eigenen Bedürfnisse hinten anstellt, um sich um andere zu sorgen.
Was auch oftmals selbstverständlich für uns ist.
Wurde ja auch so von der Natur eingerichtet: Eine Frau kann nicht einfach zu ihrem Neugeborenen sagen: Du, die Mama ist jetzt müde, ich möchte jetzt bitte ein bisschen schlafen. Also bitte die kommenden 2 h nicht mehr weinen.
Natur und Evolution haben den Grundstein dafür gelegt, dass wir oftmals meinen, es müsste so sein.
Wir müssten uns um alles und jeden kümmern.
Gepaart mit so Sätzen aus unserer Kindheit, wie z.B.:
- Sei immer nett und höflich zu anderen
- Sei immer schön lieb und artig, sonst möchten die anderen Kinder nicht mehr mit dir spielen
- Ein braves Mädchen widerspricht nicht
Tun dann ihr übliches, um einen inneren starken Antreiber zu entwickeln, dass wir es allen recht machen wollen.
Beim People Pleasing ertappt? Was nun?
So, du hast nun bis hierher gelesen und so langsam dämmert es dir: Auch du tappst des Öfteren mal in die People Pleasing Falle und versuchst es allen recht zu machen.
Schonmal super, dass dir das bewusst geworden ist. Aber was nun?
Die gute Nachricht ist, dass es sich beim People Pleasing um ein Verhaltensmuster und kein Krankheitsbild handelt.
Sprich, wir haben uns dieses Muster irgendwann mal antrainiert und jetzt gilt es das Schritt für Schritt wieder abzutrainieren.
Aber bitte in der Softversion – das ist ein Prozess, ein Marathon und kein Sprint.
Auch wenn das jetzt auf den ersten Blick ziemlich unsexy klingt, wollen wir doch oftmals sofort ins Handeln und in die Umsetzung kommen und nicht in Babyschritten voranschreiten.
Ich versteh dich und bin voll bei dir – geht mir nämlich immer genau so. 🙂
Aber worauf wir bei diesem Prozess setzen müssen ist: Nachhaltigkeit – aka. steter Tropfen höhlt den Stein.
Es bringt dir nichts, dass du jetzt harte Grenzen ziehst, dich vielleicht einigelst, anderen die Tür vor der Nase zuknallst oder ggf. ein lautes NEIN bei der nächsten Bitte um Hilfe in den Hörer brüllst.
Das beschert dir maximal einen großen Scherbenhaufen mit dem du dich dann womöglich nur noch viel schlechter fühlst.
Nein. Es geht darum, erst mal die Beobachterposition einzunehmen und zu schauen in welchen Situationen und Lebenslagen du dich überhaupt als People Pleaser entlarven kannst.
Und vor allen Dingen ist, wie oben bereits gesagt, eins dabei ganz wichtig:
Nachhaltig aus der People Pleasing Falle statt mit Jo-Jo-Effekt
Es ist absolut okay, für die Menschen da zu sein, die du liebst, und ihnen zu helfen, wo du kannst.
Aber vergiss dabei bitte nicht: Du bist genauso wichtig.
Deine Träume, deine Ziele, deine Bedürfnisse – sie alle verdienen es, gesehen und erfüllt zu werden.
Es ist kein Zeichen von Schwäche, auch mal Nein zu sagen, gesunde Grenzen zu setzen oder dein eigenes Wohl in den Vordergrund zu stellen.
Und egal, wie lange du dich jetzt schon in diesem Hamsterrad des People Pleasings befindest, die gute Nachricht ist: Es ist nie zu spät auszusteigen.
Sind wir mal ganz ehrlich: Das wird nicht über Nacht passieren, und das ist auch völlig in Ordnung.
Sonst hätte es wahrscheinlich denselben Jo-Jo-Effekt, wie eine Crashdiät.
Aber mit kleinen Schritten und bewussten Entscheidungen jeden Tag kannst du beginnen, dein Leben in eine Richtung zu lenken, die wirklich zu dir passt.
Hier das Beispiel für eine kleine Reflexionsaufgabe, die du täglich machen kannst.
Jeden Morgen, noch bevor der Tag richtig beginnt, frage dich selbst:
„Was ist heute eine Sache, die ich für mich tun kann?“
Und dann tu sie.
Tu dir selbst etwas Gutes, das hast du dir verdient.
Dieser kleine Akt der Selbstfürsorge soll dich jeden Tag daran erinnern, dass auch du und deine Bedürfnisse wichtig sind.
Bei dieser kleinen Aufgabe wünsche ich dir jede Menge Freude und ein paar wunderbare Erkenntnisse für deinen Weg.
Alles Liebe
Deine Julie
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