Wut: 7 Tipps – Wie du dir Luft machst
Kennst du auch dieses Gefühl, wenn dir fast der Kragen platzt?
Es kocht und brodelt in dir und du könntest gerade durch die Decke gehen.
Du stehst kurz davor Dinge zu sagen, die du vielleicht gar nicht so meinst oder die du dann hinterher bitter bös‘ bereust.
Jeder von uns kommt, glaube ich, mal in so eine Situation.
Zu lernen, nicht gleich an die Decke zu gehen, ist ein längerer Prozess, aber es ist machbar.
Es ist weder empfehlenswert alles mit einem großen Getobe auf einmal rauszulassen, noch deine Wut in dich hineinzufressen. Denn dazu tendieren wir Frauen sehr gerne. Aber: so ein Tobsuchtsanfall passt nicht gerade zu unserem weiblichen, netten Erscheinungsbild.
Frisst du jedoch die Wut in dich hinein, kann sich das schädlich auf dein Immunsystem und dein Herz auswirken.
Wie können wir es schaffen mit unserer Wut besser umzugehen?
Eine ganz witzige Idee hierzu hat die Kanadierin Lindsay Istace ins Leben gerufen, indem sie im Jahr 2016 einen Wut-Yoga-Kurs startete, bei dem man zu lauter Heavy Metal Musik, in Yoga Pose beim Ausatmen seinen ganzen Frust laut rauslassen kann.
Die Kurse kamen ziemlich gut an und finden nun regelmäßig in verschiedenen Pubs und anderen Locations in Kanada statt. www.rageyoga.com
Das wäre zumindest mal eine Idee.
Wut ist allerdings nicht nur etwas Negatives, sondern auch eine ganz starke Kraft, die man auch im positiven Sinne für sich nutzen kann.
Wut schafft Platz für Veränderung und bringt uns zum Handeln.
Julia Cameron hat die Wut in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“* wie folgt beschrieben:
- „Wut ist ein Brennstoff. Wir spüren das und möchten etwas tun.“
- „… Wut ist eine Stimme, ein Schrei, eine Bitte, eine Forderung.“
- „Wut zeigt uns, wo unsere Grenzen sind.“
- „Wut ist nicht die Handlung selbst. Sie ist die Aufforderung zum Handeln.“
Deswegen ist es auch oft sinnvoll, sich einfach mal zu fragen, was denn wirklich dahintersteckt!
Welches nicht erfüllte Bedürfnis? Welche Angst? Welche Sorge?
Denn manchmal sind wir auch einfach auf Menschen wütend, die uns mit etwas konfrontieren, was wir einfach nicht sehen wollen.
Zudem kann Wut befreiend wirken, wie nach einem großen Gewitter, das die Luft reinigt und man somit wieder tief und frei durchatmen kann.
In diesem Artikel möchte ich dir ein paar Methoden an die Hand geben, mit denen du deiner Wut Luft machst und schneller wieder runterkommst.
#1 Spazieren gehen
Ab vor die Tür mit dir!
Am besten in die Natur, in die Ruhe, einfach mal loslaufen. Ein 20-minütiger Spaziergang wirkt hier oft Wunder und man bekommt einen freien Kopf.
Zudem kann so ein Spaziergang Verspannungen lösen, Stress abbauen und die Ausschüttung von Glückshormonen (Endorphinen) anregen.
#2 Meditieren
Dass Meditation unsere Gedanken beruhigt, unseren Puls verlangsamt und uns entspannen lässt, ist bereits mehrfach wissenschaftlich belegt.
Suche dir einen ruhigen Ort, mach die App auf und meditiere eine Runde, z.B. mit den folgenden Apps.
Allein die langsame Musik sorgt dafür, dass sich unser Atem nach und nach anpasst und somit langsamer und tiefer wird.
Nach knapp 10-15 Minuten, wirst du dich schon viel besser fühlen.
Extra Tipp: Setze dir ein Lächeln aufs Gesicht. Auch wenn du es im ersten Moment nicht fühlst. Der Körper sendet das Signal an das Gehirn (dass du lächelst) und das Gehirn denkt somit, dass du glücklich bist und schüttet das Glückshormon Serotonin aus. Der ganze Prozess dauert nur 3 Minuten.
#3 Sport
Power dich mal so richtig aus! Ob du dir die Laufschuhe anschnürrst und eine Runde Joggen gehst (am besten in der Natur, das hat den doppelten Effekt) oder ob du ins Gym gehst und eine Runde Zumba hinlegst. Egal was es ist, komm in Bewegung.
Auch so ein knackiges 20-minütiges HIIT Workout (High Intensity Interval Training) kann dir helfen die ganze negative Energie von dir abzulassen.
Lass deine ganze Wut raus und gib alles. Als positiven Nebeneffekt hast du gleich ein paar ordentliche Kalorien verbrannt.
#4 Schreiben
Block und Stift her und dann schreiben, was das Zeug hält. Kotz dich so richtig aus, schreib alles nieder, was du zu sagen hast und wem du es zu sagen hast.
Du musst hier kein Blatt vor den Mund nehmen. Hau einfach alles raus, egal, wie hässlich die Wörter sind.
Schreib solange, bis du merkst, dass dir ein großer Stein des Grolls vom Herzen fällt.
Meist dauert das so 1-2 DinA4 Seiten.
Und schreib dann am besten noch ein bisschen weiter, warum das alles doch gar nicht so schlimm war und warum du dich jetzt besser fühlst.
Dann zerreiß das Papier und ab in den Müll damit.
Super Methode, um dir Luft zu machen, und – es wird keiner dabei verletzt und man hat nicht zu voreilig mit heftigen Worten um sich geworfen.
Du kannst es dir auch vor dem Wegwerfen nochmal durchlesen, reflektieren, wie du reagiert hast, vielleicht erhältst du ja ein paar neue Erkenntnisse für dich, z.B. was der Auslöser war der dich so auf die Palme gebracht hat oder was sich da vielleicht noch für ein Gefühl, ein Bedürfnis hinter deiner Wut versteckt.
Somit lernen wir uns immer besser kennen, was uns auch dabei hilft, mit unserem Verhalten besser umgehen zu können.
Das nächste Mal, wenn du in einer ähnlichen Situation bist, kannst du dir die letzte Situation auf den Schirm rufen: Weißt du noch das Letze mal, als du so wütend warst, da war das dann doch am Ende nur halb so wild und du hattest dir vorgenommen, das nächste Mal anders an die Sache ranzugehen.
Lesetipp: Selbstreflexion: Der Schlüssel zu dir selbst
#5 Tief durchatmen
Klingt viel zu einfach, ist aber mein absoluter Ernst.
Wenn wir wütend sind, sind wir meist total angespannt und kurzatmig.
Indem wir tief ein und ausatmen, löst sich die Anspannung und wir beruhigen uns langsam.
Extra Tipp hierzu: Beim Einatmen langsam bis 4 zählen, dann den Atem 7 Sekunden lang halten und beim Ausatmen bis 3 zählen. Diesen Vorgang kannst du so lange wiederholen bis du merkst, dass es dir bessergeht.
Diese Methode verlangsamt den Herzschlag und hilft uns somit langsam runter zu kommen.
#6 Hörbücher
Wenn ich gerade einen der oben genannten Punkte nicht ausführen kann, nehme ich mir gerne eines meiner Hörbücher zur Hilfe z.B. das Hörbuch „Loslassen“* von Rosette Poletti und Barbara Dobbs oder „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“* von Jorge Bucay. Diese gibt’s auf Audible für kleines Geld.
Allein schon die Stimme der Sprecherin oder des Sprechers haben dann oft eine beruhigende Wirkung auf dich und je nachdem welche Geschichte sie dir erzählen, denkst du dir, ach so schlimm war meine Story doch jetzt auch nicht. Worüber habe ich mich nochmal aufgeregt?
Hinzu kommt, dass du dich erst mal auf die Geschichte konzentrierst und wie wir wissen, können wir nicht 2 Gedanken auf einmal denken.
Wir lassen uns für einen Moment lang ablenken und bis wir dann wieder daran denken ist es schon die abgeschwächte Variante.
#7 Ich-Botschaft
Wenn du wirklich das Gefühl hast, dass das jetzt auf der Stelle raus muss, da du sonst platzt: Ok, dann sag es. Aber bitte so respektvoll wie möglich.
Am besten mit der Ich-Botschaft.
Mit bitte was? Was ist das denn?
Die Ich-Botschaft baut auf den folgenden 3 Punkten auf:
- „Ich habe … gesehen/beobachtet/den Eindruck, …“ = Tatsachenbeschreibung
- „Und das hat auf mich … gewirkt.“ = eigene Gefühle + Auswirkungen
- „Ich wünsche/erwarte/schlage vor, dass…“ = Wünsche, Erwartungen, Vorstellungen für die Zukunft
Mit der Ich-Botschaft gibst du sehr viel über dich selbst und wie du dich in diesem Moment fühlst preis, z.B.: „Ich habe in letzter Zeit den Eindruck, dass du lieber mit deinen Freunden etwas unternimmst statt mit mir. Das wirkt auf mich so, als wärst du nicht gerne mit mir zusammen. Ich würde mir wünschen, dass wir wieder mehr Zeit miteinander verbringen.“
Das hört sich doch schon viel besser an als bei der Du-Botschaft, bei der du mit dem Finger auf den anderen zeigst und sagst: „Nie hast du Zeit für mich.“
Zumal wir gerne mal Verallgemeinerungen einbauen wie z.B.: Immer, nie, alle, jeder. Wobei wir ja eigentlich wissen, dass das so nicht stimmt.
Also, wenn es raus muss, dann versuch es mal in der Ich-Botschaft. Vielleicht nicht die leichteste Übung am Anfang, aber du weißt ja, Übung macht den Meister.
Was du vermeiden solltest, wenn du wütend bist
In deiner Wut aufgehen
Es gibt Menschen, die regelrecht in ihrer Wut aufgehen, das Ganze so hochpuschen, bis sie sich gar nicht mehr einzukriegen scheinen.
Sobald du merkst, dass die Wut in dir hochsteigt, komm ins Handeln, nutze eine der oben genannten Übungen, um runter zu fahren. Oder tu etwas was dir schon einmal in so einer Situation geholfen hat. Du kennst dich selbst am besten.
Ersticke das Ganze im Keim, so dass es erst gar nicht so weit kommt.
Denn wenn wir erst einmal voll in Fahrt sind, konzentrieren wir uns nur noch darauf und machen uns somit leider auch nur allzu oft zum Affen.
Dinge sagen, die man nicht so meint
Du hast es in der Hand, ob du im ersten Moment ins Handeln kommst oder ob du lieber alles raushaust, was dir gerade in den Sinn kommt und deinem Gegenüber und somit auch dir einen rechten Haken versetzt.
Denn im ersten Moment denken wir manchmal „So, das musste mal gesagt werden. Selbst dran Schuld.“
Es kommt uns so vor als hätten wir uns Luft gemacht und als würden wir uns besser fühlen.
Dieses Gefühl ist aber ein Trugschluss und hält meist nicht lang an. Dann haben wir uns wieder beruhigt und plötzlich kommt das schlechte Gewissen.
Wir bereuen zutiefst was wir gesagt haben und würden es am liebsten rückgängig machen. Aber einmal ausgesprochen, kannst du die Worte nicht wieder zurücknehmen.
Darauf bestehen, dass der Gegenüber das jetzt ausdiskutiert
Manchmal besteht man drauf, dass der Gegenüber jetzt dableibt und die ganze Sache mit einem ausdiskutiert.
Wir sind nicht alle gleich und jeder geht anders damit um.
Manchmal tut es absolut gut, sich eine kleine Auszeit zu nehmen und dann über die ganze Sache zu sprechen, sobald sich die Gemüter beruhigt haben. Auch wenn einem das im ersten Moment sehr schwer fallen kann.
Versuch es nicht zu erzwingen, das kann den Gegenüber stark provozieren und in die Enge treiben, sodass er zum verbalen Angriff übergeht. Denn Angriff ist ja bekanntlich die beste Verteidigung.
Fazit
Es ist nicht immer leicht, die Fassung zu wahren, wenn man auf 180 ist. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, mal etwas anders zu handeln und neue Dinge auszuprobieren, denn das macht es nicht nur einfacher für dein Gegenüber, sondern auch für dich.
Sowas kann auch unheimlich zu deinem Wohlbefinden beitragen wenn du dich so sehr unter Kontrolle hast, dass du merkst was mit dir passiert und wie du Einfluss auf deine Gefühle nehmen kannst.
Also, ich hoffe du konntest ein paar Anregungen aus dem Artikel für dich mitnehmen und versuchst dich bei dem nächsten Aufsteigen deiner Wut einmal aus.
Falls du noch weitere Tipps hast die dir in solchen Situationen helfen, dann freue ich mich über eine Nachricht von dir.
Deine Julie
Hallo Julie, Yoga hilft, Körperwahrnehmung während der Atembeobachtung am besten gleichzeitig mit sanften einfachen Bewegungen auf diese auch achten auf die Stimme hören der Yogalehrein, gerne zusätzlich in die Haut spüren. Dh möglichst mehrere Sinneseindrücke gleichzeitig erspüren, dann entzieht man dem Geist die Aufmerksamkeit.
Entspannt dadurch und findet zufällig eine Lösung oder Erklärung für die Situation.
Hilfreich ist auch eine Meditation oder Mitfühlende Gedanken zu sich der Welt und zum vermeintlichen Verursacher der Situation zu schicken.
Hi Regina,
vielen Dank für diesen Zusatz, da stimme ich dir absolut zu.
Zu deinem Punkt Meditation und mitfühlende Gedanken fällt mir die liebevolle Güte Meditation von Laura Seiler ein.
https://lauraseiler.com/podcast-25-liebevolle-guete-meditation/
Vielleicht zu Beginn für manche etwas gewöhnungsbedürftig, aber es hilft uns dabei innerlich runterzukommen und loszulassen.
Liebe Grüße
Julie
Hallo Julie, vielen Dank,Du hast eine tolle Liste erstellt. Dein Beitrag ist sehr gut ich habe festgestellt dass ich sehr viele Deiner Tipps schon immer Mal gemacht habe, trotzdem würde ich diese Gefühle manchmal lieber erst gar nicht bekommen und habe kürzlich gehört, das man über Entwicklungstrauma arbeit (auch eher körperorientiertes) arbeiten, Seine „Wunden punkte“ lösen kann. Bei sich bleiben und mit sich lernen klar zu kommen da wir uns ja ärgern.
Liebe Grüße und vielen Dank Regina
Schöne Grüße Regina Schmitz
Hi Regina,
danke dir für dein Feedback.
Natürlich wäre es toll, wenn diese Gefühle erst gar nicht hochkochen würden. Wobei die Wut, wie oben erwähnt, ja auch eine sehr starke Kraft ist und uns auf etwas hinweist.
Wenn man allerdings das dauerhafte Gefühl von Wut in sich spürt, bzw. bei der kleinsten Situation an die Decke geht, wäre es schon wichtig mal viel genauer hinzusehen.
Der Bereich Entwicklungstrauma ist da natürlich auch ein sehr spannendes Thema – gehört aber immer in professionelle Hände.
Im Internet bin ich auf diesen Artikel gestoßen https://www.traumaheilung.de/entwicklungstrauma/ der schonmal vorab ein paar Infos liefert, um was es sich dabei handelt.
Aber wie gesagt, mit diesem Thema sollte man sich immer in professionelle Hände begeben.
Liebe Grüße
Julie
Zum Thema Wut kann ich auch das Buch „Wut ist ein Geschenk“ von Arun Gandhi empfehlen. Es ist mein absolutes Lieblingsbuch und ich lese immer mal wieder darin, wenn mir die Welt da draußen zu viel wird. Es erdet und geht meiner Meinung nach auf das ein, was wirklich wichtig ist. In der Perspektive dieses Buches finde ich Hoffnung und Kraft.
Hey Mandy,
vielen Dank für den Tipp. Ich hatte das Werk schon öfter mal in der Hand und überlegt, ob ich es mir holen soll – Jetzt steht es auf jeden Fall auf der Liste. 🙂